Xxiv. §. 10. Ausgang des dreißigjährigen Krieges. 553
lich um den Gewinn betrogen zu werden. Es war der schon ge-
nannte Bernhard von Weimar, der länderlose Fürst, der durchaus
sich ein Herzogthum erkämpfen wollte, sei es mit evangelischer, sei es
mit katholischer Hülfe. Durch Gustav Adolf'stod und die Nieder-
lage von Nördlingen war ihm sein erträumtes Herzogthum Franken
verloren gegangen, jetzt wollte er unter französischem Schutz das El-
saß gewinnen. Er gewann es und starb, wie er selbst meinte, an
französischem Gift. Das Elsaß aber behielten hohnlachend die Fran-
zosen bis auf diesen Tag. Desto fester schaarten sich die Deutschen,
auch die Protestanten, um ihren Kaiser. Ehe er starb (1637), hatten
sie ihm seinen Sohn Ferdinand 11!. einmüthig zum Nachfolger er-
wählt. Und wie gern hätte der neue Kaiser seinen Verbündeten und
seinen Unterthanen den Frieden wiedergegeben. Aber was einmal
versehen war, ließ sich jetzt so leicht nicht wieder gut machen. Deutsch-
land und auch die kaiserlichen Erblande mußten den ganzen tiefen
Kelch des Leidens ausleeren, den der Herr ihnen ob ihrer schmachvol-
len selbstsüchtigen Zerrissenheit eingeschenkt hatte. Erst jetzt begannen
die Fremden recht mit ihrer ganzen Rohheit, mit viehischer Gemein-
heit und teuflischer Grausamkeit im deutschen Reich und in des Kai-
sers Landen zu schalten. Ein schwedischer General löste den andern
ab, aber alle waren sie sich gleich in dem erbarmungslosen Frevel-
muth, mit welchem sie jeden Winkel Deutschlands durchplünderten,
verheerten und gänzlich zu Grunde richteten. So Ban er in Sachsen
und Böhmen, Torstenson vor Wien und in Holstein, Wränge!
und Königsmark in Böhmen und am Lech — es ist eine trostlose
Jammergeschichte, so unser edles deutsches Vaterland von den zermal-
menden Fußtritten dieser fremden Horden, von einem Ende bis zum
andern in Grund und Boden getreten zu sehen. Und ihnen zu Hülfe
kamen voll Freude über das herrliche Gelingen ihrer heimtückischen
Pläne die Franzosen unter Guebriant, Turenne und Enghien.
Wie haben sie die Pfalz und Schwaben verheert, wie haben sie den
Kurfürsten von Bayern geängstigt! Er, einer der vornehmsten Mit-
urheber des Krieges, mußte am Ende desselben noch die Hefen aus-
trinken, und in seinem hohen Alter noch als länderloser Flüchtling
umherirren, ehe endlich, endlich das „süße Fried- und Freudenwort"
erscholl.
Aber welch ein Friede! Wie erniedrigend für unser Vaterland, wie
unheilvoll für die Zukunft. Das war noch bei Weitem nicht das
Schlimmste, daß Schweden nun doch einen Theil der Ostseeländer, ja
auch der Nordseeländer (wenn auch unter kaiserlicher Oberhoheit) er-
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Bernhard_von_Weimar Gustav_Adolf'stod Gustav Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Sachsen Wien Holstein Schweden
Xvii. §. 10. Aufrichtung des Frankcnreichs. 280
Orestes in Italien angetreten und blieb auch von dort aus mit dem
Severinus in freundschaftlichem Verkehr.
§. 10. Aufrichtung des Frankenreichs.
Durch das Aufhören der Jmperatorenherrschaft waren also die
damaligen Verhältnisse des römischen Gebiets zunächst noch gar nicht
geändert. Es bestand nach wie vor aus vier Stücken. Italien
unter dem Patricius und Feldmarschall Odoacher, das römische Ge-
biet in Gallien unterm Feldmarschall Syagrins, weiter das Bur-
gunderland und das Westgothenreich, in denen beiden die rö-
mischen Einwohner nach wie vor nach römischem Recht und römi-
scher Sitte von den Germanenkönigen, die ja zugleich römische Patri-
cier waren, regiert wurden. Und sie befanden sich unter der germanischen
Verwaltung bei Weitem wohler als unter den römischen Beamten. Aber
sie haßten ihre neuen Herren als ketzerische Arianer und sie verachteten sie
als rohe und ungebildete Barbaren. Sich gegen sie zu empören, sich ihrer
Herrschaft zu erwehren, konnte ihnen nicht einfallen, denn sie waren so
gänzlich erschlafft und sittlich haltungslos, so völlig dem sinnlichen
Genußleben hingegeben, daß ihnen schon der Gedanke schreckhaft war,
statt der Flöten und Harfen, Schmucksachen und Würfel kriegerische
Waffen zur Hand zu nehmen, statt des fröhlichen Becherklangs die
Schlachttrompete hören zu müssen. So stand es in ganz Gallien,
auch in dem römischen Gebiet des Syagrius. Er wäre auch nicht
im Stande gewesen, seine römischen Unterthanen von ihren Festen,
Gastmählern und Schauspielen hinweg zum Kampf hinauszuführen;
deshalb mußte auch er einen germanischen Heerkönig in Sold nehmen,
den merovingischen Frankenkönig Childerich, der schon dem Aegi-
dius gedient, und dessen Sohn Chlodwig'(482) an die Spitze der
fränkischen Kriegsschaar im Dienst des Syagrius trat. Dieser
Chlodwig aber, schon in seiner Jugend von glühendem Ehrgeiz und
Herrschgier erfüllt, blieb nicht lange in dem unterthänigen Verhält-
niß zum Syagrius. Er entzweite sich mit ihm, besiegte und töd-
tete ihn (486). Binnen acht Jahren unterwarf er sich sodann das
ganze Römergebiet in Gallien und gründete sich zwischen Loire und
Schelde ein fränkisches Reich, welches gegen Süden die Westgothen
und Burgunder, gegen Osten das rheinische Königreich der ripuari-
schen Franken mit der Hauptstadt Köln, und weiter südlich das
Alemannenreich, am Mittlern und obern Rhein, zu Grenznachbaren
hatte. Aber bald greift der eben so kühne als verschlagene und treu-
lose Mann über diese Grenzen hinaus. Im Bunde mit den rheini-
». Rohden, Leitfaden. 19
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Xxv. §. 7. Die französische Revolution. 597
Unschuld ist da gemordet, wie viel Todessamen da in die jugendlichen
Herzen und Leiber eingesäet! Wie glücklich waren dagegen noch die
Hunderttausende zu preisen, welche, ersäuft, oder von Kartätschen zer-
schmettert, oder vom Fallbeil getroffen, ein schnelles, muthiges Ende
nahmen. Auch die Todesschrecken verlieren ihre Wirkung durch die
tägliche Gewöhnung. Da man täglich nichts Anderes als Blut und
Leichen sah, ward man gegen den Anblick abgestuinpft, da man stünd-
lich die Abführung in's Gefängniß oder vor das Tribunal erwarten
mußte, so gewöhnte man sich an den Gedanken und sah dem schreck-
lichen Augenblick mit verhältnißmäßiger Ruhe entgegen. In den Ker-
kern traf man jederzeit die beste Gesellschaft. Alles, was vornehm,
reich, gebildet, in irgend welcher Weise ausgezeichnet war, das hatten
die Schreckensmenschen des Convents dorthin gebracht. Der franzö-
sische Leichtsinn wußte sich auch in dieser schauerlichen Zeit sein Ver-
gnügen zu suchen. In dem Kerker selbst, nur wenig Schritte von der
Guillotine scherzte, sang und lachte man, erlustigte sich, wo man's ha-
den konnte, bei Wein und Braten und setzte eine Ehre darein, sich mit
Standhaftigkeit zum Tode führen zu lassen. Und wie hätte das ge-
meine Volk, dieser entartete Haufe nicht gleichgültig werden sollen
gegen die unzähligen Hinrichtungen. Wo man täglich die Karren mit
den Verurteilten zum Richtplatz fahren sieht, täglich 30 bis 40, gar
60 bis 80 Häupter auf demselben Platze fallen sieht, wo die edelsten
Namen, wo Männer und Frauen, wo die eben noch mächtigsten Führer
und Volksredner um die Wette das Blutgerüst besteigen und Alle mit
heiterm Muthe oder angenommener Gleichgültigleit zum Tode gehen,
da ist es kein Wunder, daß man zuletzt selbst vergißt, was das Men-
schenleben denn eigentlich auf sich hat. Da war es denn etwas ganz
Neues, Unerhörtes, Grausiges, als gegen Ende der Schreckenszeit ein
elendes Weib, eine ehemalige Maitreffe Ludwig's Xv-, auf die Blut-
buhne geschleppt wurde, und unter all den ruhigen, gefaßten, gleichgül-
tigen Delinquenten in entsetzlicher Todesangst mit Zetergeschrei und
Flehen um ihr Leben, überall sich anklammernd, wehrend, sträubend,
unter schrecklichen Konvulsionen dahinfuhr. Das brachte auch bei den
rohesten Zuschauern allerlei Gedanken hervor, da fing man an sich zu
besinnen, was man denn eigentlich thue, in welches Meer von Blut
man hineingewatet sei, wohin man auf diesem Wege endlich kommen werde.
Denn schon waren alle Häupter, Führer und Väter der Revolu-
tion von demselben gräßlichen Schlund verschlungen worden. Zuerst
vor und nach der Hinrichtung des Königs tödtete man doch nur die
königlich gesinnten Freunde der Ordnung und des Christenthums.
Nachdem man aber mit den Anhängern des Königthums glaubte auf-
geräumt zu haben, tödteten die wilden oder rothen Republikaner (Berg-
partei) die gemäßigten, anständigen, ehrbaren Republikaner (Gironde).
Dann wurden die wilden Republikaner wieder von noch wilderen als
Volksverräther umgebracht, bis zuletzt nur noch ein Paar der wildesten
übrig blieben, eingefleischte Teufel, welche der ganzen Welt gern den
Hals abgeschlagen hätten, um sich selbst zu Alleinherren zu machen.
An ihrer Spitze Robespierre, dieser seichte Kopf mit einem halben
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Xxv. §. 9. Deutschlands Elend, Schmach und Knechtschaft. 608
Gewalt nicht von oben her, sondern von unten aus dem Willen des
Volkes stamme, und durch den Willen des Volkes, d. h. durch Kopf-
zahlabstimmung jeden Augenblick verändert werden könne. So hatte
Napoleon schon bei seinem Regierungsantritt ein paar Volksabstim-
mungen veranstaltet und die lächerliche Komödie aufgeführt, sich sein
eignes glühendstes Verlangen durch den Willen des (dazu commandir-
ten) Volkes gleichsam aufbringen zu lassen. Indem er sich selbst jeden
Augenblick als den ersten Diener und Wohlthäter des Staats be-
zeichnete, und die früheren Könige als Tyrannen, hatte jedes Kind den
ungeheuren Unterschied erkennen können zwischen einem solchen Diener,
vor dem sein eigner Herr (das französische Volk) sich zitternd beugen
muß, und einem Tyrannen, wie Ludwig Xvi., der uin seiner schwa-
chen Gütigkeit willen von seinen herrgewordenen Knechten umgebracht
war. Und wie lächerlich war dieser kaiserliche Diener des Staats
bemüht, in allen äußeren Kleinigkeiten die königlichen Tyrannen
nachzuahmen. Wohnte er doch in denselben Schlössern, ordnete die-
selben Audienzen, Jagden, Gastmähler und Festlichkeiten an, sammelte
dieselbe oder eine noch glänzendere Dienerschaft um sich her, hielt über
einer genau ausgearbeiteten Hofordnung (Etikette) auch in den klein-
lichsten Dingen, ja nahm sogar beim Schauspieler Unterricht, wie er
seine Handbewegung und Geberdenspiel in recht königlicher Weise ein-
zurichten habe. Was hätte er darum gegeben, wenn er selbst ein ge-
borener König gewesen wäre, statt ein Emporkömmling zu sein.
§. 9. Deutschlands Elend, Schmach und Knechtschaft.
Mit tiefem Schmerz müssen wir nun dazu schreiten, das Bild
unseres Vaterlandes in seiner allertiefsten Erniedrigung vor unseren Au-
gen aufzurollen. Deutschlands Herrlichkeit, das haben wir schon
oster bemerkt, war mit der Herrlichkeit der Kirche emporgestiegen
und zu Grunde gegangen, hatte dieselbe Zerspaltung erfahren, wie
die Kirche, und war in Folge der kirchlichen Kümpfe zerrissen, ver-
wüstet, den Fremden preisgegcben, verhöhnt und zertreten. Fortan
hatte der zerbrochene, aus allen Gelenken gerissene Reichskörper jede
Widerstandskraft verloren. Von Alters her war das deutsche Reich
ein Lehenstaat gewesen. Daö Lehenwesen kann aber ohne lebendige
christlich sittliche Grundlage nicht bestehen. Das deutsche Reich war
ohne alle innere Einheit, die 100 deutschen Fürsten und eben so viel
Grafen und halb so viel Reichsstädte und etwa 40 reichsunmittelbare
Prälaten waren durch keinerlei inneres Band mehr zusammengehalten,
erschienen als ein Haufe kleiner zusammengewürfelter Gebiete, ohne
alle wirkliche Zusammengehörigkeit. Daö Kaiserthum war ein blo-
ßer Titel geworden, der Kaiser und sein Reichshofrath besaßen weder
Macht noch Einkünfte, außer den Taren, welche die Gutwilligkeit ein-
v. Rohden, Leitfaden. 39
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Ludwig_Xvi Ludwig
054 Xxv. §. 12. Die Kämpfe der Gegenwart.
herembrechen früher, als wir dachten. Wie gewaltig haben sie schon
mit der großen Handelskrisis begonnen.
Der schwerste Kampf der Gegenwart ist gerichtet gegen den mit
dem Mammons Vien st verbundenen Abfall von dem lebendigen
Gott. Schon im vorigen Jahrhundert hatte die Leugnung Gottes, die
Leugnung alles unsichtbaren und geistigen Wesens eine große Verbrei-
tung gefunden, sie war aber durch die Gerichte Gottes über unser Va-
terland und durch die Freiheitskriege wieder etwas zum Stillstand ge-
bracht. Jetzt aber hat sie im Zusammenhang mit dem Mammonsdienst
und der Fleischesgier eine furchtbare Gewalt und Ausdehnung erreicht,
und ist bis zum bewußten Kampf gegen alles Heilige, gegen Gewissen,
Zucht, Willensfreiheit, Zurechnungsfähigkeit des Menschen vorgeschrit-
ten. Die Naturforscher haben sich des Streites bemächtigt und
lassen Schriften über Schriften ausgehen und Reden über Re-
den ertönen, daß sie „bei aller Zergliederung der Menschenkörper doch
nie eine Spur von Seele darin entdeckt hätten", folglich habe der
Mensch keine Seele, sondern sei wie das Thier eine Maschine, und
Alles, was wir Gedanken und Gefühle und Entschlüsse nennen, sei nichts
als eineunwillkürliche Absonderung vonfünkchen undbläschen aus dem
Gehirn und Wallungen im Blut, für welche kein Mensch verantwortlich
gemacht werden könne. Es giebt also nach der Meinung dieser Jrrsinns-
lehrer gar keinen Unterschied zwischen Recht und Unrecht, zwischen Bös
und Gut, Niemand kann Lob oder Tadel, Lohn oder Strafe treffen,
denn ein Jeder handelt und spricht so wie seine inwendige Maschinerie,
wie der Stoff, aus dem er zusammengesetzt ist, ihn zwingt, wie das
ausgezogene Uhrwerk seines Leibes abläuft. Dieser verrückten und lä-
sterlichen Lehre jauchzt der Pöbel in den Palästen und in den Fabri-
ken, in den feenhaft verzierten Ballsalons und in den verqualmten und
mit Schnapsgeruch erfüllten Kneipen seinen Beifall zu. Mit Freuden
und innerin Behagen wirft jeder gebildete Wollüstling, Betrüger und
Lästerer seine Bibel, seine frommen Jugenderinnerungen, Gewissensre-
gungen und Rücksichten der Ehrbarkeit bei Seite und rühmt sich, nichts
Besseres zu sein als das Vieh. Mit hochmüthiger Aufgeblasenheit spot-
tet der Handwerker und Proletarier über den Pastor und die anderen
frommen Gesellen, welche noch an die alten Märchen glauben und
immer noch von einem Gott und von einer Seele und von Himmel und
Hölle predigen, die doch nie und nirgend eristiren. Wie tief dieser
Krebs bereits auch in unserm deutschen Volk um sich gefressen, wie er
besonders in den großen Städten die volle Herrschaft errungen hat
und im Bunde mit allen Scheußlichkeiten des Branntweinsaufens, der
Unzucht, der Frechheit, der schamlosen Gier und Genußsucht die Massen
in Fäulniß gebracht hat, das zeigen uns die täglichen Erfahrungen der
Bibelträger und Agenten der innern Mission, welche Haus bei Haus
zu besuchen verpflichtet sind; das zeigt die unglaubliche Zunahme der
Verbrechen, die Ueberfüllung aller Gefängnisse. Es erfüllt sich, was
der Herr vor Jahrtausenden durch den Mund seiner Jünger hat ver-
kündigen lassen: der Geist sagt deutlich, daß in den letzten Zeiten wer-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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204
Xiv, §. 4. Verderbniß in Rom,
bietende Opnmat konnte darauf rechnen, daß seine Vorschläge durch-
gingen. War aber keine Frage zu entscheiden, die augenblickliche
Privatinteressen berührte, für welche es sich also Jemand etwas ko-
sten ließ, so war das einzige Mittel, das unverständige Volk zu
lenken: die Redekunst. Soeben hatte man sie von den Griechen
gelernt und war noch immer eifrig beflissen, sie zu lernen: die nichts-
würdige Kunst, nicht etwa die Wahrheit in siegender Kraft vor die
Augen zu legen, sondern den Schein der Wahrheit mit trügerischen
Schlüssen in blendenden Lügen dem Volke genehm zu machen und es
zu dem beabsichtigten Zwecke zu lenken. So lange nun die elende
Masse des Volks ohne Haupt und Führer blieb, war wenig von ihr
zu fürchten. Sobald sich aber ein Redner und Aufwiegler an ihre
Spitze stellte, um entweder aus aufrichtigem Mitleid oder aus ehr-
geizigem Interesse ihre Sache gegen die Optimaten zu verfechten,
mußte es nothwendig zu einem blutigen Zusammenstoß kommen, und
damit war denn das erste Stadium der neuen Krankheitsperiode be-
zeichnet, in Welche Rom jetzt eingetreten war, die Periode der inneren
Unruhen und Bürgerkriege. Die schweren Unruhen, welche erst Ti-
berius, später Casus Sempronius Gracchus zwölf Jahre
hindurch*) in Rom erregten, die Bürgerkämpfe, das Blutvergießen
auf den Straßen, in den Tempeln, die schrecklichen Mordanschläge
und grausamen Verfolgungen von beiden Seiten führten zwar am
Cnde doch nur wieder zu einem Sieg der Optimaten und zu stärkerer
Bedrückung des Volks; aber sie öffneten allen nachfolgenden Dema-
gogen eine weite Aussicht. Denn jetzt war der Weg ihnen vorge-
zeichnet, wie man es anfangen müsse, um das römische Volk und
somit den Weltkreis zu beherrschen.
Auch noch auf einer andern Seite kam zu derselben Zeit das Nebel
zum Ausbruch. In früheren Zeiten war es eine Ehre der kriege-
rischen Jugend des römischen Adels gewesen, bei festlichen Gelegenhei-
ten feierliche Kampfspiele aufzuführen. Da aber die kriegerische Begei-
sterung erlosch, ließ man lieber den Sklaven das gefährliche Spiel, und
um die Schaulust desto vollständiger zu befriedigen, ließ man sie gleich
auf Tod und Leben kämpfen. Zuerst bei den Begräbnißfeierlichkeiten
angesehener Römer, dann auch bei anderen Festlichkeiten, zuletzt sogar
bei schwelgerischen Gelagen mußten nun diese Unglücklichen, in beson-
deren Fechterschulen dazu abgerichtet, bald paarweise, bald in Massen
mit einander kämpfen und zur Belustigung der Zuschauer sich schmerz-
*) Es war die Zeit, da nach dem Tode des weisen Simon der Maccabäer Jo-
hannes Hyrcanus Fürst und Hoherpriestcr in Jerusalem war.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Xx. §. 6. Uebcrtragung der Kaiserkrone an Otto den Großen. 373
— standen an der Spitze der schamlosesten Gottlosigkeiten. Mönche
und Aebte, Priester und Bischöfe, ja die Päpste gar finden wir in grie-
chischem Schmuck, singend und trinkend hinter der üppigen Tafel, bei
lüsternen Tänzen, oder auf der Jagd fluchend und johlend, oder in die
politischen Ränke vertieft, und mit Trug und Lüge sich gegenseitig über-
bietend. Die Bibel, das Gotteswort, war vergessen. Die altheidnischen
Dichter mit ihren Unfläthereien waren wieder an der Tagesordnung;
von kirchlichem Leben keine Spur; nur die äußerlichen Werke wurden
noch gefordert und geleistet. Wir müssen zur Ehre Christi hinzufügen,
daß es auch damals nicht und niemals an aufrichtigen Jüngern, an
wahrhaftigen Gliedern und Erben des Himmelreichs gefehlt hat; auch
nicht auf dem Vischofsstuhl (Ratherius von Verona, Atto
von Vercelli). Aber unter den Päpsten dürfen wir sie nicht suchen.
In Rom führte die berüchtigte T h eod ora, aus hochadeligem Geschlecht
und mit den tuscischen Markgrafen verwandt, mit ihren beiden bureri-
schen Töchtern Marozia und Theodora das Regiment. Mit ihren
Vuhlkünsten hielten sie die Häupter aller Parteien gefesselt und setzten
die Päpste nach ihrem Gefallen ab und ein; nicht einmal oder zweimal,
nein 50 Jahre hindurch. Erst kam der schändliche Buhle der Marozia
auf den päpstlichen Stuhl: Sergius Iii. (004—9 i 1), dann der Buhle
der The o d or a: der schon genannte Johann X., der später im Gefäng-
niß ermordet ward, als er sich von dem elenden Weibe losmachen wollte
(928). Dann kam der Sohn des Sergius und der Marozia:
Johann Xl. (921—926), und —» daß wir die dazwischen liegenden
elenden Lasterknechte gar nicht erwähnen — ihr Großsohn Johann Xii.
(956 — 963), ein Ausbund aller Lasterhaftigkeit und aller Frevel,
machte in dieser schinutzigen Reihe den würdigen Schluß. Ein Glück,
daß Rom so ziemlich an das äußerste Ende der damaligen Christen-
heit gerückt war und die wenigsten Fremden diese Greuel gewahr
wurden.
§. 6. Uebcrtragung der Kaiserkrone an Otto den Großen.
Als Italien in so schmählichen Verfall gerieth, erhub sich Deutsch,
land soeben zu einer glänzenden Höhe. Der, tapfere und weise
König Heinrich (919—936), nach ihm sein hochstrebender kriegsge-
waltiger Sohn Otto (936—973) umgaben das deutsche Königthum
mit einem Glanze, dessen herrlicher Schein weithin durch alle Länder
der Christenheit und tief hinein in die Heidenwelt leuchtete. Die fünf
Herzogthümer Sachsen, Franken, Lothringen, Schwaben und Bayern
hatten sie anfangs nur durch einen losen Lehensverband zu einem
Ganzen zusammengefügt, dann aber mit immer wachsender königlicher
Obmacht durch festes Eingreifen und kluge Besetzung der Herzogstellen
zu einem wohlgegliederten deutschen Königreiche verschmolzen. Alle
widerstrebenden Großen, alle aufrührerischen Vasallen im Innern des
Landes hatten sie versöhnt oder zu Boden geschlagen. Aller Orten
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
TM Hauptwörter (200): [T132: [König Karl Italien Otto Kaiser Papst Reich Sohn Rom Jahr], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
Extrahierte Personennamen: Otto Theodora Sergius_Iii Johann_X. Johann_X. Sergius Johann Johann_Xii Johann Otto Heinrich_( Heinrich Otto
Extrahierte Ortsnamen: Christi Verona Vercelli Rom Rom Italien Sachsen Lothringen Schwaben